Wir haben uns für zwei Tage bei unserer serbischen Gastfamilie in Bac einquartiert und machen Pause vom Radln. Erholung ist angesagt. Es gibt aber auch genug zu tun. Wir nutzen die Zeit zum Wäsche waschen, Sachen nähen, flicken und für den ersten Fahrradservice. Unser Warmshower Gastgeber Zoran hat selbst eine Fahrradwerkstatt und somit genügend Platz um ein paar Kleinigkeiten zu warten. Der erste Kettenwechsel steht an. Wir haben pro Rad drei Ketten mit und wechseln sie alle 1000 km, damit sich Kette und Ritzel gleichmäßig abnützen. Nach zwei Ruhetagen freuen wir uns schon wieder aufs Radeln. Wir bedanken uns bei Zoran und seiner Familie für die feine Zeit und fahren auf dem Donauradweg Richtung Novi Sad.

Die Strecke verläuft an einer großen, lauten Straße mit viel Verkehr. Plötzlich geht Ferdi die Luft aus. So früh hatten wir eigentlich nicht damit gerechnet! Beim Patschenflicken stellt sich heraus, dass der Schlauch schlampig montiert war. Er hat sich gefaltet und somit am Knick eine Schwachstelle. Alles haben wir am neuen Rad kontrolliert, nur die Schläuche nicht. Macht nichts, der Schlauch ist schnell gewechselt und weiter geht’s. Erst nach Belgrad wird es wieder angenehmer und wir können auf Nebenstraßen durch kleine Dörfer flitzen. Zusammen mit Becky, einer Solo-Radlerin aus Großbritannien, verbringen wir die Nacht auf dem nächstgelegenen Fußballplatz, wo wir auf Schnaps eingeladen werden, duschen und in einer richtigen Küche kochen dürfen. Luxus!!

Der Donauradweg schlängelt sich entlang der serbisch-rumänischen Grenze bis zur engsten Stelle der Donau, dem Eisernen Tor. Das erste Stück radeln wir auf der serbischen Seite über viele kleine Hügel und durch einige kurze Tunnel. Auf dem Weg durchs Banat genießen wir die Ruhe. Die Landschaft ist schön, es gibt kaum Autolärm und die schmucken Dörfer sehen beinahe aus wie zu Hause. Hin und wieder nächtigen wir in Rohbauten während es draußen stürmt, blitzt und donnert. Die letzte Nacht in Serbien schlagen wir unser Zelt auf einer ebenen Fläche vor einem kleinen Gebäude auf, das nach Baustelle aussieht. Beim Abendessen auf dem Flachdach genießen wir den Sonnenuntergang und Blick über die Donau. Die vorbeifahrenden Nachbarn winken uns freundlich zu und meinen, es sei kein Problem, hier das Zelt aufzustellen. Am nächsten Morgen werden wir von Motorengeräuschen geweckt. Zwei Männer stehen vorm Zelteingang und deuten uns, dass sie in das Gebäude hinter uns müssen und wir doch bitte rasch Platz machen sollen. Sie wohnen weiter oben am Hügel, die Strasse hinauf ist in schlechtem Zustand, also haben sie ein kleines, kaputtes Auto zum rauf und runter fahren und ihr besseres Auto unten in der extra dafür errichteten Garage geparkt. Und vor dem Garagentor campieren jetzt zwei unwissende RadlerInnen. Aber alles halb so schlimm! Die Männer sind sehr freundlich und zeigen nach links und rechts, auf Plätze wo wir doch lieber das nächste Mal unser Zelt aufbauen sollen.

Eine Woche sind wir durch Serbien geradelt, durften überaus freundliche Menschen, schöne Landschaften und sehr rücksichtsvolle AutofahrerInnen erleben. Der Eurovelo 6 ist gut beschildert und mit lustigen Sprüchen versehen. Unser Lieblingsspruch: “If you look like your passport photo you are too tired to cycle. Take a rest!” (Wenn du aussiehst, wie dein Passfotos, bist du zu müde zum Radfahren. Mach mal Pause!)

Beim Kraftwerk Eisernes Tor überqueren wir die Donau nach Rumänien (leider gab es kein Straßenschild für ein Einreiseselfie). Auf der rumänischen Seite geht es erstmal an einer vielbefahrenen Straße bis Drobeta-Turnu Severin, wo wir unsere zweite Warmshower Rast einlegen. Bei Ionitu, auch John genannt, hausen wir direkt in seinem top ausgestatteten Fahrradladen. Wir sind erstaunt, dass hier so viele Menschen richtig gute Räder fahren. Egal ob Rennrad, Mountainbike oder Citybike, hier gibt es alles in guter Qualität. Wir fühlen uns wohl, schlafen auf alten Militärfeldbetten in der Werkstatt und genießen den Duft von Kettenöl und Metall. Den Tag verbringen wir im schattigen Innenhof, abends gibt’s mal wieder Pizza. Nach zwei erholsamen Nächten machen wir uns wieder auf den Weg, die Donau flussabwärts. Es ist richtig heiß, wir legen lange Mittagspausen ein. Zur Jause gibt’s leckeren Tomaten-Gurken Salat und frisches, reifes Obst, das wir ganz einfach am Straßenrand pflücken können. Überall gibt’s Kriecherl und zu unserer Freude manchmal auch einen Maulbeerbaum. Dessen süße Früchte machen sich besonders gut im Frühstücksmüsli. Gleich in der ersten Nacht unter freiem Himmel werden wir von der Polizei kontrolliert. Ferdi hat mich bereits vorgewarnt. Er war vor 10 Jahren schon mal mit dem Fahrrad in Rumänien und kennt das Prozedere. Kaum haben wir unsere Flaschendusche beendet, kommt ein Bus auf uns zugefahren und wir werden von der Grenzpolizei nach unseren Pässen gefragt. Während die Polizistin unsere Namen in ein Buch einträgt, versucht der Polizist ein paar Fragen auf Englisch zu stellen. Es ist überhaupt kein Problem, dass wir hier übernachten. Sie wollen nur sicher gehen, dass alles in Ordnung ist und geben uns zur Sicherheit die Telefonnummer der Grenzpolizei.

In den folgenden Tagen radeln wir durch viele kleine Ortschaften mit bezaubernden, bunten Häusern und wunderbar duftenden Blumengärten. Für Ferdi war es auf der vorherigen Reise der schönste Abschnitt des Donauradwegs. Und er ist es geblieben. Die Straßen sind inzwischen asphaltiert, der Verkehr trotzdem verschlafen wie eh und je. Viele Häuser wurden aufwendig renoviert. Alte Ziehbrunnen mit Eimer und Kurbel gibt es da und dort immer noch, nur die Pferdefuhrwerke sind größtenteils verschwunden. Die Einheimischen begrüßen uns und winken uns zu. Wenn wir zu Mittag irgendwo Pause machen, wünschen sie uns “Bona bufta” (Mahlzeit). Wir bedanken uns mit einem “multumesc” und genießen die wenigen Tage in Rumänien. Aufgrund der Hitze in der vor uns liegenden Donauebene beschließen wir nach Bulgarien abzubiegen um dort endlich mal wieder in die Berge zu radeln.